Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Der Verdienstadel

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Die Seßhaftigkeit einerseits und die ständig zunehmende Eroberungspolitik andererseits wie auch die durc zahlreiche Unterwerfungen anderer Stämme hinzugekommenen Gottheiten und nicht zuletzt die Vielzahl de eigenen brachten für Staat und Kirche eine Fülle von Verwaltungsaufgaben mit sich. Ranghohe Militärs, hohe Priester und verdiente Staatsbeamte bildeten die zweithöchste Stufe der sozialen Pyramide. Nach dem Sieg von Itzcoatl über Azcapotzalco sind für besondere Verdienste Krieger und Zivilbeamte mit privatem Grund­besitz und anderen weltlichen Gütern sowie mit Steuerfreiheit belohnt worden. Im Gegensatz zum europäischen Adel konnten ihre Nachkommen das Erbe nur dann antreten, wenn sie sich dem Kaiser als würdig erwiesen hatten. Dieser eingeschränkte Verdienstadel beendete die demokratische Staatsordnung der vorhergegangenen Zeit.

Das Mitspracherecht in der Politik fiel durch diese Manipulation an Personen, die durch großzügige Schenkung der Krone verpflichtet waren und sich nicht mehr objektiv gegen den Herrscher stellen konnten. Itzcoatl und Moctezuma I. hatten noch Rücksicht auf die Vertreter des Volkes zu nehmen, während ihre Nach­folger immer mehr den von der Krone belehnten Adel in den Vordergrund spielten und damit weitgehend die Volksvertretung lahmlegten. Nach diesem Verrat am demokratischen Mitspracherecht der Bürger lag die Entscheidung über Krieg und Frieden sowie über andere wichtige Staatsfragen nur noch in den Händen des Kaisers und seiner „Getreuen“. Moctezuma II. konnte, noch keine Generation später, zu seinen Beratern sagen: „Wir tun nichts. Ich habe den Wunsch, die Leute von Huexozinco, unsere Nachbarn und Todfeinde, anzugreifen“, so berichtete jedenfalls Tezozomoc (II, 130), und es ist nicht schwer sich vorzustellen, daß Militärs, deren Beruf der Krieg ist, einer solchen Bitte nicht nachgekommen wären. Abgesehen davon waren die Azteken auch durch ihre Götter, die ständig Menschenopfer forderten, gezwungen, Kriege zu führen und durch ihr wirtschaftliches System, das ganz auf die Tributleistung anderer Völker angewiesen war. Vom Export eigener Güter und Produkte hätte der Staat niemals die Ansprüche der Götter und seiner Elite befriedigen können. Die zahlreichen Kriege, die in ihrer Folgeerscheinung den Soldaten- und Beamtenadel heranbildeten und das Kaisertum stärkten, waren auch weiterhin notwendig, um sie am Leben zu erhalten.

Zu Beginn des 16.Jahrhunderts findet sich bei den Azteken neben dem Geburtsadel der herrschenden Familie (aztekisch: tlazopilli = kostbarer Sohn) der Verdienstadel (aztekisch: quauhpilli = Sohn des Adlers; der Adler als Emblem des stärksten Kriegerbundes). Der übrige Teil der Aristokratie führte die Bezeichnung „pilli“ („Sohn von jemand“), ähnlich dem spanischen Hidalgo (hijo = Sohn, de = von, algo = jemand).

Das Ansehen der „calpullec“ (Vorstand des calpultin) ist in der späteren Phase der Kultur gegenüber dem von der Krone bevorzugten Adel stark gesunken. Die Vertreter dieser „calpullec“ zählten nur noch im weitesten Sinne zur Aristokratie. „Zur Zeit des Eindringens der Spanier befand sich der Adel in einem Übergangsprozeß von einem Verdienstadel zu einem Erbadel. Die Macht dieses war sehr groß, kann aber keineswegs mit der des Adels in der „Alten Welt“, in der späten Antike oder im späten Mittelalter verglichen werden. Noch gehörte ihm nicht der große Teil des Bodens, noch bildete der Adel keine geschlossene Klasse, noch hatte das Volk einen gewissen, wenn auch nicht sehr großen Einfluß.“ (Friedrich Katz) (Friedrich Katz: „Die sozialökonomischen Verhältnisse bei den Azteken im 15. und 16. Jahrhundert“, Ethm graphisch-Archäologische Forschungen, III, 2, Berlin 1956.). Über den Einfluß des aztekischen Adels auf die Politik läßt sich streiten. Die Schwierigkeiten, ein klares Bild über die Elite dieser Kultur zu ent­werfen, liegen vor allem in den alten Chroniken, denn auf kaum einem anderen Gebiet finden sich so viele Widersprüche wie bei der Beschreibung des Adels. Die Privilegien, bestimmte Kleidung und Schmuckstücke zu tragen, in besser gebauten Häusern leben zu dürfen, die bevorzugte Erziehung der Kinder und nicht zuletzt die Möglichkeit eines Privatbesitzes zeichnen eine ähnliche Entwicklung ab wie in der „Alten Welt“. Vielleicht hätte es nur noch wenige Generationen gedauert, bis die Parallele schlagender gewesen wäre.

Die Kaufleute

Eine eigene Klasse bildeten die Kaufleute des Fernhandels („pochteca“), die heimische Waren gegen Erzeugnisse der Fremde eintauschten. Sie besaßen eine eigene Gerichtsbarkeit, eigene Götter und Tempel und lebten in einem Stadtteil vereint. Kaufmann war jemand entweder von Geburt, oder er konnte es nur mit Erlaubnis seines Herrschers werden. Neben dem Handel kam diesen weitgereisten Leuten auch die Aufgabe zu, die Chancen für einen eventuell folgenden Raubkrieg zu erkunden. Durch ihre Tapferkeit wurde ihnen nahezu eine ebensolche Ehrung zuteil wie den Kriegern. In der aztekischen Gesellschaft waren sie die einzigen, denen man nachsagte, daß ihr Streben nach Reichtum stärker sei als nach Ansehen. War ein „pochteca“ zu Vermögen gekommen, so war er angesehen und konnte nicht selten eine seiner Töchter mit einem Adeligen verheiraten. Die Verletzung, Beraubung oder Tötung aztekischer Kaufleute auf fremden Territorien ist ein immer wieder­kehrendes Kapitel in der mexikanischen Geschichte und eine der gewöhnlichen Ursachen, einen Angriffs­krieg zu beginnen. Der Chronist Sahagün widmete den Kaufleuten im Codex Florentino ein eigenes Buch. Es sei noch erwähnt, daß der übrige Handel in den Händen der Erzeuger lag und die Azteken keinen Zwischen­handel kannten.


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