Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Die Architektur

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Um von der Architektur der Totonaken zu sprechen, soll der Blick nach El Tajfn zurückgehen. Schon von der Anlage her bietet der Platz das krasse Gegenteil zu Monte Alban. El Tajfn liegt in einer Mulde versteckt und wird umgeben von Hügeln und der grünen, abweisenden Mauer der tropischen Vegetation. Ein Sprichwort der Amazonas-Indianer sagt: „Die Götter sind mächtig, aber der Urwald ist mächtiger.“ Im El Taifn wird das ebenso offensichtlich wie in den klassischen Städten der Maya-Kultur. Fast zärtlich umschlingt der Urwald die Stadt, ihr unerbittlicher Gegner, und hält noch große Teile verborgen. Das markanteste Bauwerk bildet die siebenstufige Pyramide mit den 365 Nischen. Sie ist in einem höchst eigenwilligen Stil erbaut, der keine weitere Verbreitung fand. Die Nischen erwecken den Eindruck von Fenstern; vielleicht erscheint deshalb diese Bau­weise, die zwischen geometrischer Strenge und barocker Fülle schwankt, so unmexikanisch. Möglicherweise standen einst in den 365 Nischen die jeweiligen Tagesgötter des Jahres oder ihre Symbole und brannten des Nachts die Feuer der Opfergaben, denn „tajfn“ kann in der totonakischen Sprache auch Feuer oder Rauch bedeuten (Abb. 148).

Neben dem größten Bauwerk, das die Monumentalität der Hochlandpyramiden meidet und sich harmonisch in die hügelige Landschaft bettet, ist das „kleine Tajfn“ (Tajfn chico) seiner Bauformen wegen bemerkenswert. Bei diesem etwas oberhalb gelegenen Komplex sind die Nischen mit Mäandermuster ausgefüllt. Fliehende Gesimse, die den Anschein erwecken, als höben sie die Gesetze der Gravität auf wie die zweckentfremdeten Treppen, sind andere Merkmale dieser Architektur. Eigenartigerweise haben diese den Gebäuden vorgelagerten Treppen keine praktische, nur eine dekorative Funktion gehabt. Um auf die Absätze oder in das Innere der oberen Räume zu gelangen, dienten Leitern und nicht die so massiv gebauten und weit hervorspringenden Treppen: ein einmaliges Meisterwerk des Unpraktischen!

Das Problem der Überdachung

Praktische Fähigkeiten dagegen zeigten die Baumeister bei der Überdachung ihrer Räume. Aus zerstampften Muschelschalen, vermischt mit Sand und Bimsstein, Holz und Pflanzenfasern gewannen sie einen leichten Zement für die Decken. Es war ein langwieriger Arbeitsgang, denn zuerst mußten die Räume mit Steinen, Holz oder Erde angefüllt werden, dann erst konnte man darangehen, Lage für Lage das leichte Baumaterial aufzugießen. Je nach Spannweite liegt die Stärke der Zimmerdecken zwischen 33,2 und 89,3 Zentimetern. Diese für Alt- Amerika einzigartige Technik ermöglichte es, bis zu 75 Quadratmeter große Räume mit einer Spannweite von mehr als fünf Metern zu überdachen. Es gehört zu den Merkwürdigkeiten, daß manche Erfindungen sich mit Windeseile über den ganzen Kontinent verbreiteten, aber eine bautechnisch so wichtige Errungenschaft – denn das Problem der Überdachung bei massiven Bauwerken bestand in allen mexikanischen Kulturen – auf einen solch kleinen Raum beschränkt blieb, obwohl dieser im Durchzugsgebiet vieler Stämme und an der Route der Händler lag.


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