Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Die Handwerker und Kunsthandwerker

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Neben den Kaufleuten finden wir die Handwerker und Kunsthandwerker, die in ihrem Ansehen über den Bauern standen. Ihr Stand ergab sich aus dem schnellen Anwachsen der Stadt, der Differenzierung der Gesell­schaftsschichten und nicht zuletzt aus der nach vielen Seiten sich entfaltenden Religion. Dieser Stand lockte Menschen mit besonderen Fähigkeiten an, die der Landwirtschaftsbetätigung müde waren. Töpfer, Weber, Goldschmiede, Federarbeiter, Bildhauer und Maler – in den vorausgegangenen Kulturen gehörten diese Berufe zum Aufgabenbereich der Priester und ihrer Novizen – bildeten in der städtischen Metropole einen weltlichen Stand. Auf die Moral der Kunsthandwerker kommen wir an späterer Stelle noch zu sprechen. Wie bei den Kaufleuten, so folgte auch hier der Sohn meist dem Beruf des Vaters; doch niemand konnte selbständig ein Handwerk ausüben, der nicht öffentlich geprüft und bestätigt worden war. Die Maler, d.h. frei übersetzt die „Schriftsteller“ der Bilderschriften, genossen Steuerfreiheit.

Die „Hörigen“

Das Fundament des Staates bildeten die Bauern. Neben den „Freien“ kannte die aztekische Gesellschaftsform die mayeques, die „Hörigen“ (Singular maceualli), auch tlalmaitl, „Hand der Erde“, genannt. Durch das Recht, in Notzeiten auch zum Kriegsdienst herangezogen zu werden, unterscheiden sie sich von der nächst tiefer­liegenden Klasse, den Sklaven. Wie die „Hörigen“ in Mexiko entstehen konnten, ist sehr schwer zu rekon­struieren, da ja jedes Mitglied der Gesellschaft Anrecht auf eigenes, den calpulli unterstelltes Ackerland hatte. Möglicherweise handelte es sich um Flüchtlinge anderer Stämme oder um Alteingesessene, denen die Azteken den Boden geraubt hatten, sie aber als Tagelöhner duldeten. Die mayeques sind keine Bürger im Sinne des Staates gewesen, sie bezahlten weder Steuern, noch hatten sie Rechte und Verpflichtungen, mit Ausnahme des schon erwähnten Militärdienstes. Sie unterstanden auch nicht dem Zivil- und Strafgesetz des Staates, sondern waren nur ihren Grundherren zinspflichtig.

Die „Sklaven“

Auf der untersten sozialen Stufe finden wir die „tlatlacotin“, die die Spanier mangels einer anderen treffenden Übersetzung kurzerhand als „Sklaven“ bezeichnen. Sie waren Eigentum ihrer Herren, „wurden aber wie die eigenen Kinder behandelt“ und durften ohne ihre Zustimmung nur in bestimmten Fällen weiterverkauft werden. So mußte beispielsweise an arbeitsscheue Sklaven eine dreimalige Vorwarnung vorausgehen, die ihren Verkauf ankündigte. Wiederholte sich der Verkauf bei den beiden nachfolgenden Eigentümern, dann hatte der vierte Besitzerdas Recht, diesen Menschen den Göttern zu opfern. Besonders bei den Kaufleuten, die selbst keine Möglichkeit hatten, Kriegsgefangene für die Altäre der Götter einzubringen, war diese Art von Sklaven sehr gesucht. Widerspenstige „tlatlacotin“ den Toten in die Gräber als Begleiter mitzugeben, war eine andere Möglichkeit. Von den Lebenden wurden sie ohne Rücksicht auf ihre Arbeitsscheu als die Diener der Verstorbenen aufgefaßt. Bei hochgestellten Persönlichkeiten pflegte man gleich nach dem Tode einen Sklaven zu töten, um den Verstorbenen auf den Weg zu geleiten. Bei der Bestattung, am 4. oder 5. Tage, folgten dann noch mehrere Opfer.

Arbeitsame Sklaven dagegen hatten Vorrechte, sie konnten eine freie Frau heiraten, und ihre Kinder, selbst die aus einer Sklavenehe, wurden frei geboren. Es stand ihnen zu, ein Privatvermögen anzusammeln, ja sogar eigene Sklaven zu halten. Nach dem Tode des Besitzers winkte die Freiheit, und hin und wieder kam sie auch etwas früher, durch eine vom Kaiser verkündete Amnestie. Angeblich soll sogar der erfolgreiche Itzcoatl aus einer Verbindung des Kaisers Acamapichtli mit einer Sklavin entsprungen sein. Zu weiteren Vorrechten gehörte die Möglichkeit, sich freizukaufen oder sich durch andere Familienmitglieder ersetzen zu lassen. Selbst für Sklaven, die man ihrer Ungehörigkeit wegen verkaufte, bestand die Hoffnung auf Freiheit, wenn es ihnen ge­lang, den Markt zu verlassen und den Fuß in menschliche Exkremente zu setzen. Gewisse Beamte reinigten den Entsprungenen und erklärten ihn für frei. Diese Säuberung hatte den Sinn, daß der beschmutzte Sklave durch sie ein „reiner Mensch“ werde. Wer einen Flüchtigen hinderte, ausgenommen war natürlich der Eigen­tümer, wurde selbst zum Sklaven, darum machte alles einem flüchtenden tlacotli (Singular von tlatlacotin) Platz und förderte damit den Lauf in die Freiheit. Eine andere Möglichkeit bestand in der Flucht in den kaiser­lichen Palast, dann war eine Amnestie sicher.

Die tlatlacotin waren vom Arbeitsdienst, Militärdienst sowie den Steuern befreit. Ihr Los war nicht das schlech­teste, sie hatten stets ein Dach über dem Kopf, und für ihre Verpflegung sorgte ein anderer. „Der Besitzer verbot allen Familienmitgliedern strengstens, einem Sklaven etwas zu Leide zu tun. Es hieß sogar, wenn jemand einen „tlacotli“ bestrafte, so zöge er sich Krankheit, Armut und Unglück zu, und verdiente es, selbst zum Sklaven zu werden, weil er einen Sohn Tezcatlipocas, des Schutzherrn der Sklaven, mißhandelte …“. Mit den Sklaven des alten Rom und der islamischen Welt hatten sie nur den von den Europäern gegebenen Namen „Sklave“ gemeinsam. Ihr Schicksal läßt sich nicht annähernd mit dem völlig aussichtslosen Dasein der Sklaven innerhalb der römischen Gesellschaft vergleichen, in der die Sklavenhalter beliebig über deren Leben und Tod entscheiden konnten.

Trotz der vielen Vergünstigungen ist die Anzahl der tlatlacotin zu Beginn des 16. Jahrhunderts erheblich gewe­sen. Die vielen Tributverpflichtungen der eroberten Länder sowie der verhältnismäßig schnelle Übergang eines Nomadenvolkes zum kriegstüchtigen Stadtstaat förderten den Aufstieg zum Wohlstand der einen ebenso wie den Abstieg der anderen. Auf die Frage, wer nun zum tlacotli wurde, nachdem alle frei geboren worden waren, gibt es viele Antworten.


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