Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Die Kunst der Azteken

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Die aztekische Kunst ist wie die Religion des 15. und 16.Jahrhunderts ein Sammelsurium von vielen, oft sehr gegensätzlichen Ideen und Formen vorausgegangener Kulturen und fremder Völker, die teils nebeneinander, teils nacheinander Mexikos Erde besiedelten. Es gibt keine rein aztekische Kunst. Unter Moctezuma II. waren dreißig Provinzen Tenochtitlan zu Tribut verpflichtet. Mit den Gefangenen, Händlern und Künstlern sickerten nicht nur neue Ideen ein und fremde Götter, sondern kamen auch Menschen, die die Fähigkeit hatten, ihre metaphysischen Erlebnisse in Bilder umzusetzen. Im Verlauf der Geschichte wechselte die Macht der Herrscher so wie der Einfluß der Völker.

Macht und Einfluß sind meist nur von kurzer Dauer gewesen. Das, was sich als „aztekische Kunst“ überliefert hat, trägt erst in den Jahren vor der Eroberung eigenes Gepräge; aber selbst da ist noch nicht sicher, ob es von den eigentlichen Azteken geschaffen wurde. Im Nordwesten lebten die anders­sprachigen Matlatzinca und Otomi sowie eine Reihe von nahuatl sprechenden Stämmen, im Südosten die auf eine lange Tradition zurückblickenden Mixteken und Zapoteken, und an der Golfküste sind es die Huaxteken und Totonaken, die dort siedelten. Selbst die Stämme der unmittelbaren Nachbarschaft blieben, ob unterworfen oder frei, entschiedene Gegner der ehrgeizigen Azteken. Trotzdem war das aufstrebende Tenochtitlan die Kelter, in der die vielen Einflüsse zusammenflossen und der „aztekischen Kultur“ ihre eigene Prägung verliehen. Ohne Teotihuacan wäre Tula nicht denkbar, ohne Tula nicht Tenochtitlan.

Als die Azteken ins Hochland einwanderten, führten sie archaisch anmutende, sehr schmal gehaltene Figuren aus vulkanischem Gestein mit sich, die ihre Verwandtschaft mit der taraskischen Kultur im Nordwesten nicht verleugnen konnten. Noch der erst 1483 begonnene große Tempel der Hauptstadt ist nur eine, auf größeren Maßstab übertragene, Kopie des älteren chichimekischen Heiligtums Tenayuca. Die Azteken nahmen eben, was sie vorfanden. In groben Zügen läßt sich die Entfaltung ihrer Kunst auf die glückliche Verbindung der streng gegliederten toltekischen Vorbilder mit dem formalistischen und bildreichen Stil der Mixteca-Puebla-Region zurückführen. Als Volk der Mitte übersetzten sie so lange, bis es zu ihrer eigenen Sprache wurde. Auch andere Einflüsse wie die der Totonaken und der Huaxteken sind dankbar aufgenommen worden. Selbst die Vorliebe der Olmeken zum harten Gestein schien noch einmal zum Leben erweckt.

Wenn man von der aztekischen Kunst spricht, so darf man vor allem nicht vergessen, daß sich hier weniger erhalten hat als von den vorausgegangenen Kulturen in ihren unberührten Gräbern und verlassenen und ver­gessenen Städten. Das aztekische Gold wanderte fast ausnahmslos in die Schmelztiegel der Spanier. Die Bilder­schriften zerstörte, bis auf sehr wenige, das Feuer der Inquisition, die kostbaren Federarbeiten und Gewebe vernichteten die Zeit und das feuchte Klima. Bauwerke, Wandmalereien und unzählige Skulpturen erlagen der ungestümen Wut der Eroberer, und die Keramik, so forderte es der religiöse Brauch der Mexikaner selbst, wurde am Ende eines 52-Jahr-Zyklus zertrümmert. Und vieles der nur mündlich weitergetragenen Poesie fiel durch die neuen Machthaber mit ihrem anders gearteten, abendländischen Denken der Vergessenheit anheim.

Erstaunlicherweise ist trotz der höfischen Entfaltung der aztekischen Herrscherhäuser und des Adels die Kunst, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nur nach der religiösen Seite hin orientiert. Es waren Götterstatuen, die den Palast der aztekischen Kaiser zierten. Bei den wenigen weltlichen Monumenten, wie etwa beim „Stein des Tizoc“, fehlten die religiösen Symbole nicht, obwohl dieses Denkmal nur dem kriegerischen Ruhm dieser Herrschier dienen sollte. In einem umlaufenden Relief zeigt der gewaltige Stein den Sieg über 15 Häuptlinge, die mit ihren Namenshieroglyphen genannt sind. Dieses geschichtliche Monument berichtet gerade das Gegen­teil wie die alten, geschriebenen Überlieferungen, die Tizoc die aztekisch-militärischen Tugenden absprechen. (Vgl. S. 84; Textabb. oben)


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