Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Monte Alban I

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Monte Alban I wartet mit einer schlichten, aber eindrucksvollen Keramik auf, die längst über die Experimen­tierphase hinausgewachsen zu sein scheint. Beschwingte Formen, einfache, eingeritzte geometrische Verzie­rungen kamen bereits mit den Gründen auf den Berg. Das typische Gefäß, aus der Zylinderform entwickelt, zeigt ein den Zapoteken noch fremdes Gesicht. Sein dickliches Antlitz mit der aufgeworfenen Oberlippe läßt unschwer die Verwandtschaft zur „olmekischen“ Kultur erkennen. Covarrubias sieht in dieser kindergesichtigen Gottheit mit der „Jaguarschnauze“ die Vorfahren des späteren zapotekischen Regengottes Cosijo (Abb. 107-109). Er verweist auch auf die „Danzantes“, diese degenerierten, affenartigen Dämonen des Urwaldes, die ebenfalls die Eigentümlichkeiten der Golf küste aufzeigen.

Die Hinterlassenschaft von Monte Alban I wirft die Frage auf, wer war zuerst da, das Ei oder die Henne? Waren es die Zapoteken, die auf ihrer Wanderung den „Olmeken“ begegneten und sich inspirieren ließen, oder sollte Monte Alban eine Gründung der „olmekischen“ Kultur sein? Die in anderen Teilen Oaxacas gefundene Keramik gibt darüber auch wenig Auskunft. Thematisch gehören die ältesten Zeugen der großen Familie der weiblichen Fruchtbarkeitsgöttin des Archaikums an, und reflektieren ein für ganz Mesoamerika ähnliches Bild. Auch im Hochtal von Oaxaca sind sie meist zerbrochen, als „getötet“. Ein Unterschied liegt im Technischen, in der härteren Brennart, und im Stilistischen, in tiefer geschnittenen Augenpartien und stärker betonten Nasen. Das nimmt diesen „schönen Damen“ viel vom weib­lichen Charme, zumal einige von ihnen aus dieser Gegend uns auch noch die Zähne zeigen.

Zahl und Kalender

Der Kalender ist zweifellos die höchste Form des abstrakten Denkens im alten Amerika. Die ältesten Daten, die bisher entziffert werden konnten, gehören der La Venta-Kultur an. Die Glyphen von Monte Alban, die so man­chen Tänzer begleiten und Gefäße der ältesten Periode zieren, übertreffen sie wahrscheinlich. Es ist nur noch nicht gelungen, sie in eine Korrelation zu unserem Kalender zu bringen. Möglicherweise war es erstmalig hier, daß man Punkte für Einerwerte und Balken für die Ziffer Fünf anwendete. Andere Inschriften auf dem Berg sicher noch älter, zeigen eine Urform der Zählung, die mit den Fingern die Zahl angibt. Erst später sollte die sogenannte „Volle-Hand-Zählung“ (zehn Finger und zehn Zehen) – im Gegensatz zu den peruanischen Kulturen, die das Dezimalsystem verwandten – für die Mathematik Mesoamerikas ausschlaggebend werden. Die Maya-Indianer brachten dieses System mit Hilfe der Ziffer Null zu einer solchen Vollendung, daß es ihnen möglich war, auf engsten Raum Millionenwerte niederzuschreiben, lange bevor die „Alte Welt“ sich von der umständlichen römischen Numerierung freimachen konnte und von den Indern, auf dem Umweg über die Araber, die Ziffer Null und die arabischen Zahlen übernahmen. Die Kalenderzählung beruhte bei den „Olme­ken“ wie bei den Maya-Indianern auf der Basis des Multiplizierens, Zahlen über 20 wurden durch eine Platz­änderung mit den gleichen Ziffern innerhalb der Inschrift angezeigt. Übertragen auf unseren Kalender würde in der altamerikanischen Zählung der 14. August 1964 so geschrieben werden:

Seit Beginn der Zeitrechnung sind verflossen:

1 Jahrtausend 9 Jahrhunderte 6 Jahrzehnte 3 Jahre 7 Monate 14 Tage

Obwohl es mit Sicherheit noch niemanden gelungen ist, eine Inschrift vom Monte Alban zu übersetzen, so steht außer Zweifel, daß auch hier die Schrift im Dienste des Kalenders stand und das Privileg einer Priesterkaste war.

Monte Alban II

Monte Alban II war eine verhältnismäßig kurze, aber fruchtbare Periode. Elegante Keramik in Clioisone-Technik bereichert den Formenschatz der vorhergegangenen Zeit und ruft Erinnerungen an die klassischen Teotihuacan-Gefäße wach, obwohl man sich hier im Süden anderer Farben und abweichender Formen bediente. Gleichzeitig erscheinen die „Bildurnen“, die für die zapotekische Kultur typisch werden sollten und sich in ihrer eigenwilligen Form über ein ganzes Jahrtausend hinweg verfolgen lassen. Die frühesten Werke dieser zylinderförmigen Behälter, deren Vorderseite mit einer sitzenden oder stehenden Götterfigur in freier Model­lierung vergessen läßt, daß es sich um ein Gefäß handelt, zeigen noch archaische Strenge. In späterer Zeit lockert sich der Stil und wird ornamental (Abb. 112,115-119). Diese zeremonielle Grabkeramik fand sich in Kammern, die im Gegensatz zur I. Periode mit Nischen ausgestattet und mit „falschem Gewölbe“ überdacht sind, das von der Maya-Architektur übernommen wurde. Es entstand durch das Überkragen von platten Steinen und ist in der „alten Welt“ aus der Kultur von Mykene bekannt. Das wirkliche Gewölbe, eine Errungenschaft der römischen Bauweise, blieb den vorkolumbischen Kulturen unbekannt.

Monte Alban II ist zeitlich gleichlaufend mit Teotihuacan II und der Chikanel-Phase der Maya-Kultur. Offen­sichtlich war die Periode von diesen beiden gegensätzlichen Kulturen befruchtet, dennoch, und das spricht für die Träger dieser Kultur, ist kein wirkliches Plagiat sichtbar. Alles, was hier erarbeitet wurde, trägt eine per­sönliche Note, einen Stil, der für das ganze Gebiet typisch werden sollte. Auch im zapotekischen Raum zeigt die zweite Phase von Monte Alban den zögernden Eintritt in das „klassische Zeitalter“, das in den ersten Jahr­hunderten unserer Zeitrechnung die mesoamerikanischen Kulturen erfaßte.


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