Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Realismus und Model in der Kleinkunst

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

In der Keramik von Teotihuacan III, die an die vorhergehende Periode anschließt, sind die figürlichen Dar­stellungen realistischer geworden und wetteifern mit den steinernen Masken (Abb. 98,105). Eine besondere Sorgfalt, die oft bis ins kleinste Detail geht, wird der Ausarbeitung der Kleidungsstücke zuteil. Auch Tonpuppen mit beweglichen Gliedern gehören in diese Zeit. Modeln finden Anwendung sowohl bei der Herstellung von Figuren als auch bei den plastisch hervortretenden Rändern der Zylindergefäße, die häufig ein Fries mit kleinen Götterköpfen ziert.

An den Modeln wird die langsam schleichende Dekadenz der Kultur sichtbar. Anfänglich zeigt sich noch der Wille, bei den mit den Modeln gepreßten Figuren letzte Hand anzulegen, später aber sollte es gerade mit Hilfe der Formen zu einer Massenherstellung kommen, die jeglicher Kraft ihrer gläubigen Vorgänger entbehrt. Wenn die keramischen Grabbeigaben dazu ausersehen waren, den Göttern zu gefallen und die Wünsche der Menschen zu übermitteln – und dazu dienten sie zweifellos – dann gibt es kein deutlicheres Kriterium für das Nachlassen der religiösen Kräfte als eine fabrikmäßige und routinierte Keramik. Innerhalb von Teotihuacan III sind die Dekadenzerscheinungen noch gering, aber sie existieren bereits. Die Ursachen der Katastrophe, die diese dritte Phase der Kultur abschließt, liegen im undurchsichtigen Grau der Geschichte. Alles, was durch­scheint, ist das Nachlassen der Religion und die Ohnmacht der Elite, den Untergang aufzuhalten. Kunst und Kunsthandwerk sind der Seismograph dieser schriftlosen Gesellschaft. Sie belegen die einzelnen Strömungen, das Auf und Nieder der Kultur, sie verraten noch Jahrhunderte später vieles von den Gedanken ihrer Hersteller.

Teotihuacan IV

Die Kultur von Teotihuacan hatte noch ein kleines Nachspiel: Teotihuacan IV (die Ahuixotla-Amantla-Periode); ein schwaches Echo findet sich nur noch in einigen Nachbarstädten. Der Stil ist kraftlos, dekadent und ohne Überzeugungskraft. Verschwunden sind die graziösen Terrakotten, die zarte, einem Schmetterlingsflügel gleichende Cloisonne-Keramik. Verschwunden sind auch die mattglänzenden Steinmasken mit dem halb geöffneten Mund. Was blieb, war der Model, der Tag für Tag gleiches produzierte. Als die Barbaren aus dem Norden in das Hochplateau hereinströmten, fanden sie nichts mehr von der ehemaligen Größe dieser theokra­tischen Gemeinschaft. Doch davon etwas später, denn um die klassische Kultur ganz zu erfassen, muß man den Blick nach Süden, in das Hochtal von Oaxaca, und nach Osten an die Gestade des mexikanischen Golfs richten.


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