Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Teotihuacan lll

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Teotihuacan III wird in zwei Phasen unterteilt, jeweils nach Orten benannt, die Sigvald Linne erforschte. Xolapan (Linn6 1934) ist älter und wird abgelöst von Tlamimilopan (Linne1942), das mit der Zerstörung und dem Ver­lassen der Stadt endet. Es sind die gleichen Ideen der vorausgegangenen Periode, die die klassische Blütezeit durchströmen. Nur ist alles detaillierter ausgearbeitet und mit größerem Aufwand geschaffen. Im Teotihuacan III, der Zeit der größten geographischen Ausdehnung der Kultur, finden sich sogar noch 1400 km weiter südlich diese Ideen in der Architektur und ein Kunsthandwerk im reinsten Teotihuacan-Stil. Das Gefundene weist auf eine friedliche Expansion. Wahrscheinlich haben Missionare das Weltbild bis in die entlegensten Gebiete ge­tragen.

Erstaunlich viele Fresken überlebten die Zerstörung der Stadt, und doch dürfte das Erhaltene nur ein winziger Bruchteil dessen sein, was der Pilger von damals zu sehen bekam. Vom Tempel der Landwirtschaft und seinen leider zu früh entdeckten Fresken war die Rede. Erst die später aufgefundenen Wandbilder sind durch Schutz­bauten und durch von der Regierung besoldete Wächter weitgehend vor einer weiteren Zerstörung bewahrt worden.

Bei den Wandmalereien von Teotihuacan handelt es sich um wirkliche Fresken. Die Malerei ist direkt, wie bei den klassischen Wandmalereien in Italien, auf den noch feuchten Stuckverputz „al fresco“ aufgetragen. Die Fresken von Tepantitla, das etwas außerhalb der kultischen Zone liegt, zeigen zwei verschiedene Stile. Während der eine Raum, um diesen Vergleich zu bringen, einen Gauguin zum Meister hatte, wurde der andere von einem Rousseau ausgestattet; so wenigstens mutet die naive Darstellung vom Paradies des Regengottes an. Ein mäch­tiger Wasserstrom ergießt sich von der Mitte eines Berges nach beiden Seiten. Viele fröhliche und singende Menschen wirbeln auf dem Wandbild durcheinander. Die Bäume und Pflanzen grünen, Schmetterlinge fliegen

durch die Luft, die Menschen baden, tanzen, ruhen unter Bäumen und singen. (Rede oder Gesang sind in den Wandbildern, später auch in den Bilderschriften, durch einen aus dem Mund kommenden Schnörkel ange­deutet.) Überall im Himmel des Regengottes herrscht Wohlgefallen und Eintracht. „Im Reich des Regengottes Tlalocan, nichts von Hungersnot herrscht dort, nichts von Krankheit, nichts von Armut“, berichtet die alte Überlieferung. Diese naiv-humoristische Darstellung fällt ganz aus dem Rahmen der sonst formalistisch-stili­sierten Kunst der Teotihuacan-Kultur. Selbst in den Farben unterscheidet sich dieses Bild. Sie sind wesentlich kräftiger gehalten als die der anderen Fresken. Neben indianischem Rot als Grundierung benutzte der Künstler vor allem Zartrosa, Hellblau, Hellgrün, Dunkelgrün, Indigoblau und Ocker, um das Paradies zu veranschau­lichen.

Im Nebenraum des gleichen Palastes finden wir eine Malerei, die der strengen theokratischen Kultur eher ge­recht wird. Priester in prächtigen Gewändern und prunkvollem Kopfputz schreiten hintereinander her. In der einen Hand halten sie ein kultisches Gerät, in der anderen eine geschwungene und breite Banderole mit Bilderschriftzeichen, möglicherweise der Text ihrer Gebete. Cottie A. Burland hat ihrer emotionellen Ausstrah­lung wegen die alten Wandmalereien „Poems in Fresco“ genannt (Abb. 85). In Tetitla, einem Gebäude eben­falls außerhalb der kultischen Zone, bildet eine wasserspendende Gottheit das Hauptthema, wahrscheinlich Tlaloc, der Regengott, der sich hier ausnahmsweise ohne Maske zeigt. Hier unterscheidet sich die Darstellung von allen anderen altamerikanischen Wandmalereien durch ihre frontale Wiedergabe der gesamten Figur, denn gewöhnlich sind, wie bei den alten Ägyptern, nur die Körper frontal gezeigt, während das Haupt im Profil steht. Von den weit ausgestreckten Armen der Gottheit fällt das Wasser zur Erde. In seinem Strahl finden sich wieder Vorläufer von Schriftzeichen. Der überladene Kopfschmuck mit auseinanderstrebenden Quetzal­federn und einem Vogelkopf im Zentrum kündet nicht nur von Reichtum, er weist auch auf Handelsbezie­hungen mit tropischen Ländern, in welchen der mit diesen prächtigen Federn geschmückte Vogel beheimatet ist. Auf den Fresken eines anderen Raumes schreiten Jaguargötter oder ihre Priester. Sie singen und schütteln in ihren Händen Rasseln (Abb.99,100). Auch das Hauptthema der Wandbilder von Atetelco sind Jaguare und Kojoten, die als Zeichen der Rede den gewissen Schnörkel vor ihren Häuptern haben. Die Tradition dieser mitteilsamen Bilder findet in den Bilderschriften der historischen Zeit eine Fortsetzung. Für uns, die wir dieser Kultur aus dem Zusammenhang gerissen begegnen, sind sie nur schwer verständlich.


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