Maya and Aztec

Ancient Mesoamerican civilizations

Die Mixteken im Hochtal von Oaxaca

Category: Alt-Mexico und seine Kunst

Wann Mitla erbaut wurde, steht nicht genau fest. Wahrscheinlich fällt die Entstehung in die Übergangszeit, zwischen dem Verlassen des Monte Alban und dem Eintreffen der Mixteken im Tal von Oaxaca (Monte Alban IV). Die letzte Periode (Monte Alban V), die sowohl auf dem geheiligten Berg als auch in Mitla ein den Zapo­teken fremdes Gesicht zeigt, stand unter der Vorherrschaft der Mixteken. Fresken im Stil mixtekischer Bilder­schriften gesellten sich im Fries unter die gemeißelten geometrischen Reliefs (Textabb. S. 51).

Sind die Mixteken nach Mitla als Künstler gerufen worden, oder waren sie auch Herren dieser Paläste? Auf dem Monte Alban jedenfalls benutzten die wilden Krieger und begabten Künstler die zapotekischen Grabkammern, um einige ihrer höchsten Würdenträger zu bestatten; wir wissen, daß es sich um eine zapotekische und nicht mixtekische Anlage handelt, weil die Eindringlinge nicht einmal den Versuch unternommen haben, die Grabgaben der ersteren beiseitezuräumen. Als Alfonso Caso 1931 das „Grab Nr. 7“ öffnete, wußte er noch nicht, daß der wertvollste Fund der „neuen Welt“ vor ihm lag. Die über 500 kostbaren Grabbeigaben, Gold- und Silber­arbeiten, Knochenschnitzereien, Schmuckstücke aus Perlen und Halbedelsteinen, Skulpturen aus Bergkristall, Mosaikarbeiten mit Türkis und Muscheln eingelegt und die schönste polychrome Keramik Mexikos weisen die Mixteken als universale Künstler aus (Abb. 128-135,138-142, 146). In den mixtekischen, wie auch in den Gräbern der Zapoteken, fehlten Waffen vollständig. 31 Jahre später gab Caso auf dem Amerikanistenkongreß einen sensationellen Bericht über ein Grab, das er im nördlichen Oaxaca gefunden hatte und dessen außerordent­liche Schmuckstücke und irdene Gefäße seines Erachtens von dem gleichen Künstler stammen wie die Beigaben von Grab Nr. 7 auf dem Monte Alban. Sogar die Toten glaubt er als die „Herren von Yanhuitlän“ auf Grund der mixtekischen Bilderhandschriften identifizieren zu können. Die Wissenschaft um die amerikanische Vor­geschichte hat erst vor einem halben Jahrhundert ihre Kinderschuhe abgelegt und Stiefel angezogen. Möglicher­weise sind es Siebenmeilenstiefel, denn unser Wissen wächst von Jahr zu Jahr, und langsam schließen sich manche hinderliche Lücken im Gesamtbild.

Die Mixteca Alta

Mit den Mixteken, den Wegbereitern der aztekischen Kunst und Wissenschaft, befinden wir uns bereits tief in der historischen Zeit. Um aber das Land nicht zu verlassen, greifen wir dem zeitlichen Ablauf der Geschichte vor und werfen schon jetzt einen Blick auf diese bedeutende und befruchtende Kultur. Die Nachrichten über diesen Stamm aus der Zeit der Eroberung wie aus der ersten Kolonialzeit sind spärlich. Das Kernland, das sie heute noch bewohnen, ist die Mixteca Alta. Von der vorspanischen Architektur hat sich nur sehr wenig erhalten, denn die Eroberer verkannten die Wichtigkeit dieser Region keineswegs und errichteten, mehr als in anderen Gebieten Mexikos, ihre Kirchen und Konvente aus den Steinen der alten Tempel. Dominikaner waren es, die sich mit dem größten Eifer ans Werk machten und prächtige Klöster wie die von Yanhuitlän und Coixtlahuaca sowie andere zahlreiche Kirchen auf den Fundamenten der alten Tempelanlagen errichteten, um den Sieg der neuen Religion zu feiern. 400 Jahre danach sind auch die meisten der spanischen Gotteshäuser zu Ruinen ge­worden, und die katholischen Heiligen haben in diesem Gebiet nie ganz die Charaktereigenschaften der alten mixtekischen Götter abzustreifen vermocht.

Die Kenntnis der Metallver­arbeitung

„Gehen Sie nicht in die Mixteca Alta, dort leben nur Mörder“, das konnte ich noch im Jahre 1960 mehrmals in der Haupstadt und in anderen Teilen des Landes hören. Die Warnung war umsonst und die Feststellung falsch. Die Mixteca Alta, das Hochland der Mixteken, gehört zu den bedeutendsten Kulturprovinzen der „Neuen Welt” und ist noch ziemlich unerforscht. Wenn die Amerikanisten mit der mixtekischen Kultur in Berührung kamen, so war es meist außerhalb ihres Mutterlandes; dieser Gebirgsstock der Mixteca liegt wie eine gewaltige Festung neben den alten Wegen, die Südamerika mit Nordamerika verbinden. (Heute durchschneidet die Pan-Americana das Gebiet und berührt zwei wesentliche alte Siedlungen: Yanhuitlän und Nochistlan. Diesseits und jenseits der Hauptverkehrsader verbleiben dem Reisenden nur kleine Pfade, um in das Innere dieses ver­schlossenen Landes einzutreten.) Nicht von ungefähr sind gerade bei den Mixteken die Kenntnis der Metall­verarbeitung sowie auch gewisse mexikofremde Ornamente, die von den Anden-Kulturen über Panama nach Norden weitergereicht wurden, auf ein fruchtbares Gebiet gefallen. Mixtekischer Goldschmuck, der wie Fili­gran aussieht, ist in Wirklichkeit im Guß der „verlorenen Form“ entstanden (Abb. 128,138-142). Das Wachs­modell wurde in Lehm eingeschlossen, getrocknet und später vom siedendheißen Metall verdrängt. Nach dem Erkalten zerschlug man die Tonform, sie war also „verloren“. „Wie Träume und doch verfertigt von Menschen­händen“ so beschrieb Las Casas die Kleinodien der Mixteken, und Albrecht Dürer wunderte sich über „die subtile ingenia der menschen in frembden landen“, als er während seiner niederländischen Reise Gelegenheit hatte, Gegenstände mixtekischer und aztekischer Kultur zu sehen.


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